Ich war in der letzten Woche mal wieder bei Tante Trude im Sauerland. Ein wenig Erholung und sich mästen lassen mit Hausmannskost: Gulasch mit Knödeln, Linsensuppe,… Lecker!! Wir standen eines Abends vor dem Haus und besprachen mit Nachbar Olsen die wichtige Dinge des Lebens. Wie Kartoffeln am besten zu Lagern sind, ob Maggi in einen Grünkohleintopf gehört, ob man noch Briefe schreiben sollte (die Frage fand Tante Trude schon absurd), der Sinn und Zweck eines Mittagsschlafes, was für Gerätschaften man zum Beackern eines Gartens benötigt (Olsen präsentierte stolz seinen neuen Spaten), welche Messer zum Gemüseschneiden am besten sind, und und und. Auf einmal hielt ein Auto an, ein Herr mittleren Alters stieg aus, griff sich den Spaten von Olsen mit den Worten: ‚Den brauche ich jetzt ganz dringend‘, packte diesen ins Auto und fuhr von dannen. Eine merkwürdige Geschichte? Stimmt. Allerdings nicht in der Welt des Internets.
Manchmal mache ich mich auf die Suche nach meinen Bildern im Internet. Es ist schon erstaunlich wo meine Bilder genutzt und wo diese veröffentlicht werden. Das Beitragsbild fand ich auf verschiedenen Seiten. Entweder habe ich vergessen, dass ich meine Zustimmung gegeben habe oder die dachten: ‚Schönes Bild, kein Copyright-Vermerk, kann ich also nutzen‘. Ich habe die Webseitenbetreiber angeschrieben und teilweise verschwand das Bild von ihren Seiten. Zu dieser Thematik passend war letztens auf Spiegel Online ein Artikel: ‚Schüler müssen aufpassen, wenn sie Bilder aus dem Netz kopieren‘ zu finden. Eine Schülerin hatte ein Bild von einer anderen Website herunter geladen und für ein Referat benutzt. Die Schule hat dies dann auf ihrer Schulwebsite veröffentlicht. Der Fotograf hatte mit einer Suche das Foto gefunden. Wie es dann zu dem Prozess vor dem BGH kam, der den Fall zum EuGH weiterleitete, wurde in dem Artikel nicht genau geschildert. Der EuGH entschied, dass eine Einstellung einer Fotografie, die mit Zustimmung des Urhebers auf einer Website frei zugänglich ist, auf eine andere Website nur mit neuer Zustimmung des Urhebers gemacht werden darf. Pressemitteilung des EuGH.
Die Sache als solche ist im deutschen Urhebergesetz eindeutig geregelt. Fotos, auch ohne ©, oder anderem Copyright-Vermerk sind in Deutschland urheberrechtlich geschützt. Interessant, bemerkenswert waren aber die Kommentare zu dem Artikel. Es wurde von ‚Abmahnindustrie‘ geschrieben, was an dem Thema komplett vorbeiging. Es wurde von der Möglichkeit der punktuellen Rechtsbeugung geschrieben. Ausnahmen in unserem Rechtssystem für bestimmte Personengruppen, Situationen? Es wurde über das Fehlen eines Copyrights-Vermerks geschrieben und dass damit das Foto ohne weiteres genutzt werden könne. Ich hatte den Eindruck, dass das Web ein Ort ist, in dem alles für Lau zu haben ist. Ich hatte das Gefühl, dass das Rechtsempfinden vieler zum Aneignen fremden Eigentums hier nicht gilt, hier nicht vorhanden ist. Ich hatte das Gefühl, dass das WWW eine Welt ist, die völlig abgekoppelt ist von der ‚analogen‘ Welt, eine Welt in der für Dienstleistungen nichts bezahlt werden muss. Teilweise scheint es auch so, z.B bei Google. Aber in der Regel bezahlt man dabei mit seinen Daten.
Die Geschichte mit dem Spaten von Olsen ist nicht wahr. Reinhild, die Nachbarin von Olsen, schräg gegenüber, kam vorbei und fragte, ob sie den Spaten mal kurz haben dürfte. Was Olsen gerne erlaubt hat. Man bekommt häufiger etwas, wenn man nur fragt und dann kostet es ein Lächeln. Was hätte der verstorbene Gatte von Tante Trude zu dem Thema gesagt: ‚Umsonst ist nur der Tod, aber der kostet das Leben‘.
Nachtrag: Mittlerweile gibt es dann doch einige Kommentare, die mit der Thematik sachbezogen umgehen. Danke dafür.
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